Sĭerra Leōne, engl. Kolonie an der Küste von Oberguinea in Westafrika, erstreckt sich zwischen
Französisch-Guinea und der Negerrepublik Liberia von Kirato, nördlich der Mündung des Großen Scarcies bis zur Mündung des Mannahflusses (380 km in der
Luftlinie), im O. von dem Französischen Sudan (Samorys Reich) eingeschlossen. Die nordwestl. Grenze zieht sich längs des Großen Scarcies bis Wallia, die
nördliche von da nahe dem 10.° nördl. Br. bis Kalieri, die östliche von hier längs der Wasserscheide der Zuflüsse zum obern Niger über Tembicunda bis zu 7° 40'
nördl. Br. hin. Der Flächeninhalt beträgt 71820 qkm. Das Land besteht aus dem südwestl. Abfall des Futa-Dschalongebirges, das nur einem niedrigen und
schmalen Küstenstrich Raum läßt. Auf dem thonhaltigen Boden, der eisenhaltigen Sandstein überdeckt, liegen in Menge Granitfelsstücke zerstreut.
Undurchdringliche Wälder wechseln mit tropisch reichen, gut bewässerten Kulturen, die im Innern an Ausdehnung gewinnen.
Hauptflüsse sind: der Große und Kleine Scarcies (im Oberlauf Kolente und Kabba genannt); der Rokelle mit breitem
Astuarium; der Kamaranko; der Jong, welcher als Bampanna nahe den Nigerquellen entspringt; der Große Bum; der Sulymah, etwa 300 km lang, dessen
Ursprung noch nicht erforscht ist. An der für Schiffe schwer zugänglichen Küste springt die 710 qkm große Halbinsel S. L.,
nach welcher der ganze Küstenstrich benannt ist, hervor. Sie wird im O. durch das Zusammenfließen zweier Flüsse während der Regenzeit vom Festland
nahezu abgeschnitten. Im S. schließen sich unmittelbar an die Banana-Inseln (s. d.) und in einer Entfernung von 45 km die Insel Scherboro
mit (1880) 4300 E.; im N., vor der Mündung des Dembia, südlich der Sangareah-Bai, liegen die mit Palmenvegetation bedeckten Los-Inseln mit 1370 E. Das
Klima, besonders in den Küstengegenden, ist eins der ungesundesten der Welt. Die Regenzeit dauert von Anfang April
bis Ende November. Die Regenmenge beträgt im August 715 mm, im September 751 mm. Jahrestemperatur in Freetown
26,8°C., im kühlsten Monat (August) 24,8°C., im wärmsten (April)
28,4°C. Der Boden ist überaus fruchtbar im Süden an Ölpalmen, der Norden liefert hauptsächlich Gummi und Reis. Der Anbau
von Kaffee, Kakao, Reis u.s.w. hat nur da Fortschritte gemacht, wo Europäer sich niederließen. Von wilden Tieren ist das zahlreiche Vorkommen von Gorillas
und Schimpansen hervorzuheben.
Die Bevölkerung beträgt im Küstengebiet (1891) 74835 E., darunter 224 Europäer und 7400 mohammed. Mandingo.
Die Hauptmasse besteht aus einer Anzahl unter sich verwandter heidn. Negerstämme. Der an Zahl bedeutendste (200000) ist jener der Timne, vom Rokelle
bis zum Scarcies seßhaft; sie sind groß, schlank und kriegerisch gesinnt. Ihre Sprache hat Anklänge an die der Susu in Französisch-Guinea. Im Süden leben, mit
Mandingo vermischt, die ackerbauenden, friedlichen Mendi.
Engl. Niederlassungen bestehen: auf der Halbinsel S. L. die Hauptstadt Freetown (s. d.) und eine Anzahl kleinerer Ansiedelungen; im
Binnenland Port-Loko, am schiffbaren Flusse gleichen Namens, ein wichtiger Handelsplatz, zugleich engl. ↔ Missionsstation. S. L. bildete mit
Gambia, der Goldküste und Lagos 1866–74 die westafrik. Settlements; 1874 erhielten die Goldküste und Lagos eine abgesonderte Regierung, Gambia aber
blieb bei S. L. Die Einnahmen der Kolonie betrugen (1893) über 92769, die Ausgaben 84691, die Schuld 50000 Pfd. St. Der Handel ist im Aufblühen begriffen.
Die Ausfuhr (hauptsächlich Palmkerne, dann Palmöl, Kola- und Grundnüsse, Ingwer, Kautschuk, Häute) hatte 1893 einen Wert von 398664, die Einfuhr von
417466 Pfd. St. Schiffsverkehr: 800 Schiffe mit 746500 t.
Geschichtliches. S. L. wurde 1467 von dem Portugiesen Pedro de Cintra entdeckt und zuerst von Portugiesen besiedelt.
Eine engl. Gesellschaft erwarb 1787 die Halbinsel S. L. von einheimischen Häuptlingen, um den Sklavenhandel an den Küsten allmählich zu unterdrücken und
das Gebiet mit befreiten Sklaven, namentlich aus Nordamerika, zu besiedeln. 1794 wurde die Kolonie von einer franz. Flotte zerstört. Sie erholte sich langsam.
1807 übernahm die engl. Regierung die Herrschaft und erbaute 1809 Kingstown. Nach der offiziellen Aufhebung des Sklavenhandels in demselben Jahre
vermehrte sich der Zudrang von Sklaven, die aber weniger als Arbeiter, vielmehr als Müßiggänger den brit. Schutz aufsuchten. Durch allmähliche Erwerbungen
vergrößerte sich die Kolonie. Mit vielen Häuptlingen im Innern wurden unter Auszahlung eines Jahresgehalts Friedensverträge abgeschlossen. Mit den aus
Samorys Reich einbrechenden Horden der Sofa hatten die Engländer 1885 und 1889 bei Falaba, 1888 in der Landschaft Tambakka heftige Kämpfe zu bestehen;
Anfang Jan. 1894 schlug Oberst Ellis bei Bagwema endlich entscheidend die Sofa aufs Haupt. Mit Frankreich wurden 1882, 1889 und 1892 Grenzverträge
abgeschlossen, die jedoch bei dem Mangel genauer topogr. Kenntnis ungenügend blieben, bis man 21. Jan. 1895 ein Abkommen traf, das endgültig die
Grenzen im Nordwesten, Norden und Osten in der oben angegebenen Weise festsetzte.
Vgl. Banbury, S. L. (Lond. 1888).
Sĭerra Morēna (lat. Montes Mariani), eine über 400 km lange,
unregelmäßige, zum Teil nicht scharf ausgeprägte Gebirgskette, die die Wasserscheide zwischen dem Guadiana und Guadalquivir in Südspanien und ungefähr
die Nordgrenze Andalusiens gegen Estremadura (Provinz Badajoz) und Neucastilien (La Mancha) bildet, wird deshalb auch
Andalusisches System (Systema Bético) genannt. (S.
Marianisches Gebirgssystem.) Die S. M. läßt sich in eine östliche, mittlere und westliche teilen. Die
östliche S. M. besteht aus krystallinischem Schiefer sowie aus Grauwacken- und Thonschiefer der silurischen und
Kulmformation, beginnt an der Grenze von Murcia, westlich der Sierra de Alcaraz, hat südlich verschiedene Vorketten (Lom[?] de Chiclana u. a.) und im
Gebirgspaß Puert[?] de Despeñaperros, durch den die Eisenbahn und Straße nach Norden (Madrid) gehen, die großartigste Scenerie. Im Westen davon
erreicht die S. M. Im Cerro Estrella ihre bedeutendste Höhe von 1299 m, an dessen Südfuße La Carolina mit den 1767–76 von
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 963.